Mitarbeiter in ihrer Freizeit (aus der Mitarbeiterzeitschrift von ENSO)

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Mitarbeiter in ihrer Freizeit

Königsindisch, Idiotenmatt und eine WM-Teilnehmerin

HOBBY. Das Königliche Spiel fesselt ihn bereits seit seiner Kindheit. Nach einer mehrjährigen Pause setzte er sich mit 50 wieder ans Schachbrett und freute sich kürzlich über eine Zehnjährige bei der WM in Griechenland. Andreas Drieschner, der sich in unseren Umspannwerken um die Gleichstromtechnik kümmert, ist in seiner Freizeit Mannschaftsleiter und unterstützt den Schachnachwuchs in Coswig.

Schwarze Dame auf schwarzem Feld, weiße Dame auf weißem Feld - noch einmal rückt Andreas Drieschner die Schachbretter zurecht. Schaut, ob auch überall die Uhren bereit stehen und dann ist alles startklar für das 13. Coswiger Joker Turnier. Gespielt wird im Schnellschach-Modus, wobei aufgrund der verkürzten Bedenkzeit von insgesamt 30 Minuten pro Spieler man sich bereits nach einer Stunde versöhnlich die Hände reicht, der Sieger feststeht. Ansonsten dauern die Partien meist viele Stunden, ist immer vollste Konzentration gefragt, sind Eröffnungsvarianten wie Königsindisch (seine Lieblingsvariante), Damengambit, Caro-Kann oder die Pirc-Ufimzew-Verteidigung im Spiel, um anschließend Strategien zu entwickeln, die den Gegner "Schach matt" setzen oder im schlechteren Fall mit Remis enden.

Letzteres sei nicht so sein Ding, "denn ich bin eher ein aggressiver Spielertyp und will möglichst oft gewinnen". Dies wollte sein Vater auch, der den damals Elfjährigen zu Lok Meißen schickte, um Tricks und Kniffe für das eigene Spiel auszukundschaften. Dabei blieb es nicht, denn schnell hatte Andreas Freude am Spitzenschach gefunden, brachte manchen Älteren zum Grübeln, auch den eigenen Vater. Bald spielte der Junior in der Regionalliga und war stets mit Begeisterung dabei. Nach der Wende fiel der Klub auseinander. Seine Familie mit den zwei Kindern und der Fußball standen jetzt mehr im Vordergrund. Auch wenn er da hauptsächlich als Verteidiger agierte, schaltete er sich oft in den Angriff ein und brachte so manches Bollwerk mit zum Wanken. Wie die Jahre zuvor beim königlichen Spiel.

Mit 50 hing Andreas Drieschner das Fußballdress an den Nagel und setzte sich wieder ans Schachbrett. Er brauchte zwei Jahre, bis er seiner Meinung nach wieder vernünftig Schach spielen konnte. Es reizt ihn, sich mit starken Gegnern zu messen und zu erleben, wie man immer noch besser wird. Auch wenn gelegentlich Niederlagen eingesteckt werden müssen - meint er augenzwinkernd. Außerdem ist Schach gar nicht so ein ruhiger und gemütlicher Sport, wie es auf den ersten Blick scheint. Bei einem Zwei-Tage-Turnier wie den Moritzburg-Open oder dem Dresdner Porzellancup gehen gut und gerne schon `mal zwei Kilo verloren.

Seit längerem betreut der heute 55-Jährige die 4. Mannschaft im TuS Coswig 1920 e.V. Wichtig ist, den in dieser Männermannschaft integrierten Mädchen und Jungen Wettkampfhärte anzutrainieren, ihr noch viel zu schnelles Spiel zu verlangsamen und ihnen beizubringen, die Zeit richtig einzuteilen. Schachpartien, bei denen sie sich mit dem Schäferzug in vier oder beim Idiotenmatt in zwei Zügen duellieren, gehören ganz schnell der Vergangenheit an oder werden allenfalls zur Belustigung ausgespielt.

Dass die Nachwuchsarbeit Erfolg hat, zeigt sich zum einen an der Begeisterung, mit der die etwa 20 Kinder und Jugendlichen an den Brettern sitzen, und zum anderen, dass es immer wieder gelingt, die Besten in die nächst höhere Spielklasse zu bringen.

Besonders stolz sind er und alle anderen Coswiger auf Selina Moses, die sich mit ihren 10 Jahren über den 3. Platz bei der Deutschen Meisterschaft in der U10 für die WM in Griechenland qualifizierte und dort bei 100 Startern auf Platz 44 landete. Das war sensationell. Selina hat großes Talent, das weiter gefördert werden soll. Andreas Drieschner will außerdem mit seiner Mannschaft die Klasse halten, die sie bis jetzt erreicht haben. In der nächsten Saison wollen sie ganz vorn mitzuspielen. Das wird nicht immer leicht sein, und nicht immer wird das 8-Mann-Team die Gegner - so wie in der Aufstiegssaison 2010 - von den Brettern fegen können. Ganz sicher gehören auch Niederlagen und zur Strecke gebrachte Könige nach stundenlangem Ringen dazu, lassen sich die Gegner nicht en passant (im Vorübergehen) schlagen. Doch Freude am Hobby wird bleiben - und sicher auch mancher Pokal. Diesen bekommt dann seine Frau, denn obwohl Caissa die Göttin/Muse der Schachspieler ist, heißt seine Königin, die immer Verständnis für sein Hobby hat, Katrin.

S. Gayda